Leichte Waffen – schwerer Fehler
von Otfried Nassauer
Die Entscheidung ist gefallen. Die kurdischen Peschmerga
im Nordirak erhalten Bundeswehr-Waffen für einen ganzen
Großverband. Panzerabwehrraketen, Panzerfäuste,
Maschinengewehre und je 8.000 Sturmgewehre G36 und G3.
Die Bundesregierung unterstützt mit den Peschmergas jene
Kräfte, die schon heute besser ausgerüstet sind als
die türkisch-kurdische PKK oder die syrisch-kurdische YPK, die
bei der Rettung der Jeziden und der Verteidigung Arbils effektiver
agierten als die Peschmerga selbst. Deren Ausrüstung ist
älter, ihre aktuelle Kampferfahrung aber
größer. Berlin will diese beiden Gruppen nicht
unterstützen. Das ist problematisch, weil die YPK
benötigt wird, um den Islamischen Staat in Syrien in Schach zu
halten und man die PKK wohl nur aus Rücksicht auf Ankara
ausnehmen will.
Die Berliner Entscheidung ist auch politisch fragwürdig. Zur
Begründung dient das Konzept der Schutzverantwortung. Diese
Argumentation hat sich bereits mehrfach als zweifelhaft erwiesen: In
Libyen diente sie als Vorstufe für einen
militärischen Regimewechsel und führte in einen
Bürgerkrieg. In Syrien wurde mit der gleichen
Begründung eine Intervention gefordert, die nicht zustande
kam, weil kein westliches Land Truppen stellen wollte. Ob zum Schutz
einer bedrängten Bevölkerung militärisch
eingegriffen wird, unterliegt also offenbar dem Voluntarismus
derjenigen, die eingreifen könnten.
Berlin opfert nun ein langjähriges Tabu, um eine dritte Option
zu haben: Man will Waffen statt Soldaten schicken, um der
Schutzverantwortung gerecht zu werden. Das bricht bewusst mit einer
jahrzehntealten Politik: Deutschland liefert offiziell keine Waffen an
Kriegsparteien in Drittstaaten.
Zynisch mutet an: Ob Pistolen, G3-Gewehre, Maschinengewehre MG3 oder
Milan – vieles, was jetzt geliefert werden soll, wird bei der
Bundeswehr gerade ausgemustert: Es spart Entsorgungskosten.
ist
freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum
für Transatlantische Sicherheit - BITS
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